Unbegreiflich

Diese Stadt ist bekannt für die Unfreundlichkeit ihrer Bewohner. Der Name ist synonym für arrogante, abweisende, zickige und auch sonst nicht sehr sympathische Personen. Und doch gibt es manchmal Augenblicke, die einen fassungslos Zeit und Raum vergessen lassen.
So wie gerade:
Nachdem ich ja gestern das Haus nicht verlassen hatte, mussten heute mal wieder die Milch-, Wasser- und Käsevorräte aufgefüllt werden. Ich mir also die Schuhe angezogen, den Schlüssel und das Portemonnaie ein- und eine kleine Handvoll Brisk aufgepackt und dann raus aus der Wohnung, die Mülltüte ins „elende Dreckloch“ – so nenn’ ich die obskure Öffnung neben dem Lift jetzt – geworfen, dabei etwas Feuchtes, Glitschiges berührt, und eine neue Lebensfreude entdeckt: Das Hineinwerfen von Glasflaschen ins Loch. Vorher hatte ich die Hinweise außen an der Tür gelesen – ob drinnen auch etwas steht weiß ich nicht, da es so finster ist -, da stand, dass man keine Plastikflaschen und große Gegenstände sowie verschlossene Mülltüten hineinwerfen darf. Von Glasflaschen – Weinflasche in diesem Fall, ok, es waren zwei – stand da nichts. Und das Geräusch ist wirklich toll. Man hört den ganzen Weg von der fünften Etage bis ins Erdgeschoss oder noch tiefer (was ich wiederum nicht wissen möchte). Demnächst werde ich bei dieser Gelegenheit mal bis ins Achte hinaufsteigen.
Eines noch zu diesem grusligen Thema: Bei einem Gespräch mit hiesigen Bekannten habe ich die Frage in den Raum geworfen, ob dieses Müllloch wohl auch das eine oder andere Mal bei ungewollten Schwangerschaften missbraucht worden sei. Die Antwort war nicht sehr beruhigend. Jetzt weiß ich aber, warum die Öffnung so klein ist. Da passt nämlich kein Kopf durch ...

Das war ein unbeabsichtigter Synapsensprung, zurück zum eigentlichen Thema.
Ich war auf dem Weg zum Einkauf in den finsteren Supermarkt schräg gegenüber. Er ist eng und irgendwie unheimlich, obwohl dort Licht brennt und Menschen sind. Alle Angestellten aber im besten Fall mit Pokerface, die meisten schlimmer. Wie damals im Intershop, wo die Bedienung mit keiner Wimper zuckte, wenn man etwas bestellte und genau so reglos das Getränk über die Bar schob.
Hier aber geschieht das Unfassbare. Man steht an der Kasse, stellt seinen Warenkorb auf das niemals bewegliche Fließband, die Kassiererin holt die Artikel heraus, tippt den Preis in die Kasse, verlangt das Geld, und während man den Betrag aus dem Portemonnaie kramt, beginnt sie, die Artikel in bereitliegende Plastiktüten zu packen. Sie verzieht dabei keine Miene, tut nicht freundlich, ist es noch nicht einmal, packt aber die Waren in Tüten. Die ganze Zeit habe ich den Mann hinter irgendeinem Regal gesucht, der die Pistole auf sie gerichtet hält. Eine andere Erklärung gibt es einfach nicht.
Das Umwerfende war aber, dass sie mir genau drei Tüten gepackt hat: Eine mit Lebensmitteln, eine mit Hygiene-, Putzartikel und die dritte mit den Getränken. Da glaubt man plötzlich wieder an den lieben Gott.

Einkaufstüten

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